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Theodor Althaus

Kindheit und Jugend in Detmold (1822-1840)

©Renate Hupfeld

 

 

"Frau Pastorin, es ist ein herrlicher Junge.". soll der Arzt ausgerufen haben, als Theodor Althaus am 26. Oktober des Jahres 1822 im Hause Bruchstraße 2 in Detmold zur Welt kam. Seine Mutter Julie Althaus (1798-1848) war Tochter des Bischofs Dräseke, seinerzeit mutiger Prediger gegen napoleonische Unterdrückung, sein Vater zweiter Prediger der Stadt, Georg Friedrich Althaus (1798-1863), Nachfahre des Rechtsgelehrten Johannes Althusius (1557-1638), Verfasser einer politischen Schrift, in der ein Wert wie Volkssouveränität eine große Rolle spielt. Theodor war zweites Kind und erster Sohn der Familie. Er wuchs heran zu einem aufgeweckten, blonden Lockenkopf und tat sich schon früh durch einen ausgeprägten Wissensdrang hervor. Im fünften Lebensjahr erkrankte er schwer. Nach Scharlachfieber bekam er Wassersucht und erholte sich nur langsam. Später in der Schule zeigte er sich als außergewöhnlich begabt. Der Mathematiklehrer nannte ihn einen "feinen Kopf" und Gymnasialdirektor Falkmann meinte, er werde sicherlich ein großer Mann werden, entweder im Guten oder im Bösen. Vor allem fiel Theodor auf durch ungewöhnliches Interesse auf vielen Gebieten, gutes Gedächtnis, Fleiß und Ausdauer, ebenso wie durch hervorragende Leistungen im sportlichen Bereich, sowohl im Turnen, als auch im Schwimmen und Reiten. Da er wohl schon früh eine theologische Laufbahn auf den Spuren seines Vaters für sich plante, lernte er außer Latein und Hebräisch auch Sanskrit.

Einige herausragende Ereignisse und Begebenheiten in Deutschland und in der lippischen Residenz und der Althausfamilie in den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts dürften Eindrücke bei dem Heranwachsenden hinterlassen haben:

Das Hambacher Fest im Jahre 1832, bei dem 30.000 freiheitsliebende Menschen aus allen Winkeln der deutschen Länder zusammenströmten und den Berg zum schwarzrotgold geschmückten Hambacher Schloß hinaufstiegen mögen den zehnjährigen Theodor zum Nachdenken gebracht haben..

In unmittelbarer Nachbarschaft seines Elternhauses ereigneten sich vier Jahre später dramatische Szenen im Zusammenhang mit Christian Dietrich Grabbe (1801-1836). Friedrich Althaus berichtet darüber:

"...Grabbes letzte Ankunft nach seiner Rückkehr von Düsseldorf, wohin Immermann ihn eingeladen hatte, gehört zu meinen eigenen frühsten Erinnerungen. Sein Haus lag hinter dem Garten des unsrigen, und in unserm Garten sitzend, hörten wir eines Nachmittags den Lärm von Axtschlägen, das Hilferufen einer Frau und verworrene Stimmen zusammenströmenden Volks bei Grabbes Hause. Auf unsere Erkundigung wurde uns berichtet: die Frau Grabbes habe diesem den Zutritt in ihr Haus verweigert, worauf er in heftigen Zorn geraten sei, einen Zimmermann herbeigeholt und versucht habe, das Oeffnen von Thür und Fenstern mit Gewalt zu erzwingen. Herbeieilende Freunde redeten ihm dies Beginnen aus. Grabbe begab sich hierauf nach dem Gasthause zurück, wo er ab gestiegen war, und auf dem Wege dorthin sah ich zum ersten und zum letztenmal den Dichter mit der genialen Shakespearestirne und den sinnlich satyrartigen Augen und Lippen, ein Anblick, der sich mir unauslöschlich einprägte..." (Lebensbild S. 17-18)

Im Jahre 1838 begann Ernst von Bandel mit seinem Lebenswerk, dem Bau  des Hermannsdenkmals auf der von Detmold sechs Kilometer entfernten Grotenburg über den Abhängen des Teutoburger Waldes. Zuvor hatte es viele Diskussionen um die historischen Gegebenheiten der Schlacht des Armins gegen die Römer und die genaue Lage des Kampfgeschehens sowie um den Standort und die Ausführung des zu erstellenden Monumentes gegeben.

Ein Jahr später erfolgte ein Besuch des Detmolder Dichters Ferdinand Freiligrath (1810-1876)  in seiner Heimatstadt.  Friedrich Althaus berichtet:

"Im Sommer 1839 machte der Besuch eines anderen berühmten Landsmannes bei dem Völkchen der Lipper viel von sich reden. Ferdinand Freiligrath erschien während der Wanderung, die er damals, zum Zwecke seines mit Levin Schücking geplanten Werkes über das "Malerische und Romantische Westphalen", durch die westphälische Heimath unternahm, im ersten frischen Glanze des Dichteruhmes in seiner Vaterstadt Detmold, und wurde von den Detmoldern mehrere Wochen lang mit Gesellschaften, Gelagen und Landpartien gefeiert. Von der Regierung wurde ihm die eben vacante Bibliothekarstelle an der Landesbibliothek in Detmold angeboten..." (Lebensbild S. 17)

In jenem Jahr muss es auch gewesen sein, als sein jüngster Bruder starb.

"Der erste tiefe Schmerz, welchen Theodor erfuhr, war der Tod eines kleinen Bruders, der geboren wurde, als er selbst sechzehn Jahre alt war. Er liebte den Kleinen mit leidenschaftlicher Zärtlichkeit, lehrte ihn gehen und beschäftigte sich mit ihm in mancher seinen Arbeiten abgewonnenen freien stunde. Den Tod des Kindes im Alter von kaum zwei Jahren verschmerzte er nie ganz. Die Erinnerungsklänge dieses Schmerzes tauchen auf in seinen Gedichten, und wenn er später aus der Ferne in das elterliche Haus zurückkehrte, waren seine ersten Gänge meist in das dämmerige Zimmer, wo die liebevoll verhüllte Wiege des Kleinen stand, und an sein Grab." (Lebensbild S. 18)

 

 

     
 

Geburtshaus von Theodor Althaus...

 

...in der Bruchstraße 2 in Detmold

 

 

     
  Geburtshaus von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)   Sterbehaus von Christian Dietrich Grabbe (1801-1836)  

 

 

Nach dem Tod des Generalsuperintendenten des Fürstenthums Lippe Ferdinand Weerth (1774-1836), Vater des im gleichen Jahr wie Theodor geborenen Georg Weerth (1822-1856), wurde Georg Friedrich Althaus zu dessen Nachfolger ernannt. Die Familie zog um  in das Pfarrhaus zur Wehme. Hier lebte Theodor mit seinen Eltern und Geschwistern Johanna (1820-1899), Elisabeth (1825-1884), Friedrich (1829-1897) und Julius (1833-1900).

"Die Lage der Superintendentur, wie man die amtliche Wohnung des Generalsuperintendenten nannte, förderte das Gefühl der Sammlung und der Abgeschlossenheit in dem einsamen Teutoburger Wald und Wiesenthale. Eine enge Seitenstraße führte von dem Marktplatz, auf welchem die Hauptkirche stand, an ein hohes Thor, das sich auf einen von Wallnußbäumen beschatteten geräumigen Hof öffnete, an dessen hinterer Hauptfront das stattliche Wohngebäude sich erhob, während links ein Theil des Gartens und eine Scheune mit Stallungen, rechts ein anderes, in einen weitläufigen Baumgarten führendes Thor den Hof abschloß. Nach hinten und an den Seiten war das Haus von diesem Baumgarten und von einem großen, ebenfalls obstbaumreichen Blumen- und Gemüsegarten umgeben. Die ganze Hinterwand war von Weinlaub begrünt; aus den oberen Fenstern sah man zwischen Gärten und Häusern die waldigen Abhänge der Grotenburg aufragen. Es war eine kleine Welt für sich mitten in der Stadt und das Leben im Garten, mit seiner Naturstille und seinem Wechsel der Jahreszeiten, bildete ein freundlich einklingendes Element im Leben der Familie." (Lebensbild S. 103/104)

 

 

     

 

 

In dieser Umgebung wuchs er zu einem Jugendlichen heran und entwickelte mit dem Einsetzen der Pubertät ein zurückhaltendes Wesen. Einsame Spaziergänge durch die umgebenden Felder und Wälder gefielen ihm besser als das Zusammensein mit Gleichaltrigen, denen er sich überlegen fühlte. Im Jahre 1840 beendete er seine Schulzeit auf dem Detmolder Gymnasium.

"So glücklich er sich zu Hause gefühlt hatte, so lebhaft sehnte er mit dem herannahenden Ende der Schuljahre den Augenblick herbei, der ihn aus der engen Heimath hinausführen sollte in die große Welt. Unter seinen Schulgefährten hatte er keinen Freund gefunden. Er stand den meisten innerlich fern, wie er sie alle überragte an Wissen und an Ernst des Strebens. Auch schwebte ihm in seinen Zukunftsplänen nicht das gewöhnliche Ideal- oder Zerrbild studentischer Freiheit vor. Ihn verlangte vor Allem nach dem weiteren Schauplatz, nach der größeren Selbständigkeit und Freiheit des Lebens und des Lernens. Nachdem er das Abiturientenexamen glänzend bestanden, gab er bei der üblichen Schlußfeierlichkeit des Schuljahres, dem sogenannten Actus, seinen Gefühlen einen bezeichnenden Ausdruck durch die Recitation von Heine's "Meergruß". Für meinen jüngeren Verstand war dies Gedicht damals zum Theil noch ein wunderliches Räthsel. Aber ich sehe meinen Bruder noch wie er, als die Reihe an ihn kam, hochgewachsen und kräftig, mit ausdrucksvollen Zügen und dunkelm Lockenkopf auf die erhöhte Bühne vor dem Katheder des präsidirenden Directors hintrat und erinnere mich noch der seltsam ahnungsvollen Empfindung, welche sein begeisterter Zuruf: Thalatta! Thalatta! auch in mir erweckte." (Lebensbild S. 20)

 

 

Biografie ist als Taschenbuch erschienen...

Biographie in der Kindle Edition erschienen:

Leseprobe hier:

 text und byte 

 

Texte von Theodor Althaus beim Aisthesis Verlag Bielefeld:

AlthausLesebuchAisthesis2010.htm

www.aisthesis.de

 

 

 

 

Wer war Theodor Althaus?

1822-1840: Kindheit und Jugend in Detmold

1840-1843: Studium in Bonn, Jena, Bonn, Berlin

1843, 1844, 1845: Jahre im Detmolder Elternhaus

1846: Zukunft des Christenthums, Harzreise, Rheinfahrt im August

1847: Detmold, Leipzig

1848: Revolutionsjahr

1849: Im Gefängnis

1850: Aus dem Gefängnis

1851: Freiheit?

1852: Letzte Monate

 

 

 

 

Texte von Theodor Althaus:

Theodor Althaus, Der Heidelberger Katechismus und die kirchlichen Kämpfe im Fürstenthum Lippe, Bremen 1845
Theodor Althaus, Eine Rheinfahrt im August, Bremen 1846
Theodor Althaus: Die Zukunft des Christentums, Darmstadt 1847
Theodor Althaus, Mährchen aus der Gegenwart, Leipzig 1848
Theodor Althaus, Aus dem Gefängniß Deutsche Erinnerungen und Ideale, Bremen 1850
Theodor Althaus, Zeitbilder 1840 - 1850, Hg. von Renate Hupfeld, Aisthesis Verlag Bielefeld 2010

Veröffentlichungen über Theodor Althaus:

Friedrich Althaus, Theodor Althaus. Ein Lebensbild, Bonn 1888
Malwida von Meysenbug, Memoiren einer Idealistin, Erster Band, Volksausgabe,  Schuster & Löffler, Berlin und Leipzig 
Dora Wegele, Theodor Althaus und Malwida von Meysenbug, Zwei Gestalten des Vormärz, Marburg/Lahn 1927
Annegret Tegtmeier-Breit, Theodor Althaus, Enfant terrible der Detmolder Gesellschaft in: Lippe 1848, Von der demokratischen Manier eine Bittschrift zu überreichen, Lippesche Landesbibliothek Detmold 1998

 

 

 

Text und Fotos:

©Renate Hupfeld

Letztes Update:

07.11.2011

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