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Theodor Althaus

Studienabschluss in Bonn (1842-1843)

©Renate Hupfeld
 

 

 

Nachdem für Theodor schon lange klar gewesen war, dass Jena nur eine Zwischenstation in seinem Studium sein sollte, hatte er verschiedene andere Orte ins Kalkül gefasst und das Für und Wider abgewogen. Seine Wahl fiel auf Bonn. Hochmotiviert kehrte er Anfang November 1842 zurück an die Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität. Hier kannte er sich aus und konnte ohne Schwierigkeiten an seine begonnenen Studien anknüpfen.

Er berichtete über Vorlesungen bei Professor Brandis in Metaphysik und Religionsphilosophie, von dem er seinem Vater, der ihn von der gemeinsamen Schulzeit in Holzminden kannte, Grüße ausrichtete.

August Wilhelm Schlegels (1767-1845) Zelebrierung der griechischen Kunst, "...sein parfümirtes Auditoriuim, sein Erscheinen im Abendanzuge, die silbernen Leuchter auf dem Katheder, die von einem Bedienten in Livrée geputzt wurden, und das in jedem Wort ausgeprägte unendliche Selbstbewußtsein..." (Lebensbild S. 66), konnte Theodor nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihn die Darbietung der Inhalte langweilte.

Highlight für einen kritischen Geist wie Theodor war sicherlich die Vorlesung von Professor Dahlmann (1785-1860), bekannt als einer der "Göttinger Sieben" und inzwischen nach Bonn berufen. "Die erste Vorlesung war unanständig voll, so daß ich vor seinem Katheder stand, einen Schritt von ihm und um ihn ind über ihm auf Tischen und Bänken Alles so gedrängt saß und stand, daß revera kein Apfel zur Erde fallen konnte. Auf 400 schätze ich die Zuhörerschaft." (Lebensbild S. 67-68)

Die Weihnachtstage verlebte Theodor alleine, was ihn zunächst in eine depressive Stimmung versetzte. Herrliches Wetter und ein Spaziergang am Rhein gaben ihm neuen Mut und er nutzte die freie Zeit zum Lesen von Fachliteratur, wobei er darauf bedacht ist, interessante Informationen aus der Kirchengeschichte für Gottfried Kinkel herauszusuchen, über den er seinen Vater schreibt: "Kinkel'n teile ich gewöhnlich mit, wenn ich einen Fund gemacht habe, der auch auf sein Gebiet einschlägt, was in der That schon mehrmals der Fall gewesen ist und uns beiden große Freude gemacht hat. Je weniger sein Kränzchen sich diesmal günstig gestaltet, desto mehr ist er selbst der Alte und desto mehr besuche ich ihn solo, was in der letzten Zeit sehr oft vorkam." Lebensbild S. 68) 

Die Angelegenheiten im theologischen Seminar und die Beziehung zu Professor Nitzsch  entwickelten sich zunehmend schwierig. Das geht aus einem Brief an den Vater hervor: "Nitschen habe ich neulich etwas gezwickt. Er ist nämlich enthusiasmirt für den Pietismus in unserm Lande und da erzählte ich neulich, ganz wie nebenbei natürlich, das P., auf dessen Rechtgläubigkeit er viel hält, derb dagegen gepredigt habe. Das ärgerte ihn sehr, was mich einigermaßen amüsirte. Uebrigens ist er doch ein protestantischer Papst und Inquisitor. Mein Respect vor seinem Wissen und seiner Tüchtigkeit ist geblieben, der vor ihm selbst ist geringer geworden." (Lebensbild S. 69)
Er bereitete eine Predigt vor und schrieb am 17. Februar 1843: "...wenn Nitzsch, dem ich sie vorher vorlesen muß, nicht etwa das imprimatur verweigert. Zwar habe ich selbst sie schon zwei Tage lang censirt, denn darin bin ich streng - aber da es jetzt in preußischen Ländern Mode geworden ist, eine Nachcensur zu halten (wie z.B. bei der Rheinischen Zeitung), so wäre doch etwas der Art nicht unmöglich. Zumal ich nach Joh. XI, 7-10 über den Werth eines öffentlichen Wirkens für das Gute reden werde, wobei sich denn allerdings Manches nicht vermeiden ließ, wenn ich mir selbst nicht Zwang anthun wollte...Neulich war ein ziemlich eigenthümlicher Kränzchenabend bei Nitzsch. Sonst nämlich ist der Comment das: Ja, Herr Professor! oder: ich glaube auch, Herr Professor! Nun aber steckt in mir einmal die Opposition gegen dergleichen Farblosigkeiten und die manifestirte sich etwas - übrigens nicht durch meine Schuld; sondern einem der übrigen frommen Musensöhne fiel es ein, auf die politischen Poeten zu schimpfen. Das konnte ich nun nicht vertragen und gerieth in eine üble Lage. Wo es sich nämlich um Dinge handelt wie Preßfreiheit, Volksvertretung u.s.w. pflege ich jetztr keine Gründe mehr anzuführen, was lange genug geschehen ist und Nichts geholfen hat, sondern gleich derb zu werden. Das ginghier natürlich nicht und so mußte ich etwas laviren, sagte aber doch einigemal meine Meinung von dem, was geschehen würde, frei heraus, worauf Nitzsch denn jedesmal mit schrecklichem Ernst erwiderte: das glaube er nicht..." (Lebensbild S. 71)

Während dieser Zeit bekam er von seinen Verwandten Dräseke aus Coburg, die er während der Jenaer Zeit besucht hatte und die Abschriften seiner Predigten gelesen hatten, den Vorschlag, sich um eine Diakonstelle in Coburg zu bewerben, die im Laufe des Frühjahrs frei werden würde. Das hatte etwas Verlockendes und würde bedeuten, dass er das Candidatenexamen früher als geplant machen musste.

Vorher kam es aber noch wegen seiner Predigt für die Universitätskirche zu einem heftigen Zusammenstoß mit Nitzsch: "Meine Predigt über das öffentliche Wirken hat den Krug, der so lange zu Wasser geht bis er bricht, so ziemlich zerbrochen. Sie war allerdings in einer ungünstigen Stimmung geschrieben und hatte allerdings wenig specifisch Christliches in sich. Aber Nitsch hatte erwartet, daß die Elemente, die er als bloße Uebergangsperioden bezeichnet hatte, jetzt gänzlich aus mir verschwunden sein würden. Darin wurde er nun doppelt getäuscht und beklagte eine so betrübte Richtung..." (Lebensbild S. 72)
So berichtete er seinem Vater. Weiterhin schrieb er von einem harmlosen Correspondenzartikel in der Kölner Zeitung, den ein Bekannter von ihm geschrieben hätte und von dem Nitsch sich, sein Institut und das Christenthum angegriffen gesehen hätte. (...Er citirte mich, forderte mir zu etwaiger Vertheidigung die Predigt an und fing an, mir als Seelsorger eine schreckliche Predigt über meinen Hochmuth, 'denn anders wüßte er es nicht zu nennen', zu halten..." (Lebensbild S. 73). Nitzsch musste wohl so aufgebracht gewesen sein, dass er einen Gegenartikel in der Kölner Zeitung veröffentlichte. Theodor schreibt dazu: "Mir blieb ein so entsetzliches Mißtrauen das unbegreiflichste..." (Lebensbild S. 73)

Theodor bestand sein Candidatenexamen mit Auszeichnung und somit war sein Studium in Bonn beendet. Ende März 1843 verließ er die Universitätsstadt und da die Coburger Angelegenheit noch nicht entschieden war, kehrte er zurück nach Detmold.
 

 

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Biographie in der Kindle Edition erschienen:

Leseprobe hier:

 text und byte 

 

Texte von Theodor Althaus beim Aisthesis Verlag Bielefeld:

AlthausLesebuchAisthesis2010.htm

www.aisthesis.de

 

 

 

 

 

Wer war Theodor Althaus?

1822-1840: Kindheit und Jugend in Detmold

1840-1843: Studium in Bonn, Jena, Bonn, Berlin

1843, 1844, 1845: Jahre im Detmolder Elternhaus

1846: Zukunft des Christenthums, Harzreise, Rheinfahrt im August

1847: Detmold, Leipzig

1848: Revolutionsjahr

1849: Im Gefängnis

1850: Aus dem Gefängnis

1851: Freiheit?

1852: Letzte Monate

 

 

 

Texte von Theodor Althaus:

Theodor Althaus, Der Heidelberger Katechismus und die kirchlichen Kämpfe im Fürstenthum Lippe, Bremen 1845
Theodor Althaus, Eine Rheinfahrt im August, Bremen 1846
Theodor Althaus: Die Zukunft des Christentums, Darmstadt 1847
Theodor Althaus, Mährchen aus der Gegenwart, Leipzig 1848
Theodor Althaus, Aus dem Gefängniß Deutsche Erinnerungen und Ideale, Bremen 1850
Theodor Althaus, Zeitbilder 1840 - 1850, Hg. von Renate Hupfeld, Aisthesis Verlag Bielefeld 2010

Veröffentlichungen über Theodor Althaus:

Friedrich Althaus, Theodor Althaus. Ein Lebensbild, Bonn 1888
Malwida von Meysenbug, Memoiren einer Idealistin, Erster Band, Volksausgabe,  Schuster & Löffler, Berlin und Leipzig 
Dora Wegele, Theodor Althaus und Malwida von Meysenbug, Zwei Gestalten des Vormärz, Marburg/Lahn 1927
Annegret Tegtmeier-Breit, Theodor Althaus, Enfant terrible der Detmolder Gesellschaft in: Lippe 1848, Von der demokratischen Manier eine Bittschrift zu überreichen, Lippesche Landesbibliothek Detmold 1998

 

 

 

Text und Fotos:

©Renate Hupfeld

Letztes Update:

07.11.2011


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