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Stell dir vor.....
(16. September 2001)
Die Attentate gegen Amerika am 11.
September 2001 haben auf der ganzen Welt einen Schock ausgelöst.
Millionen Menschen trauern als Betroffene und als Mitleidende. Wer in
Deutschland am vergangenen Dienstag Nachmittag die Fernsehbilder sah, war
unmittelbar dabei, wie Tausende Menschen in New York mehrere Hundert Meter
tief in den Tod stürzten. Das war schrecklich und unfassbar.
Aber es gibt auch Menschen, die einen Sieg
feierten. Offensichtlich sehen sie uns Staatsbürger westlicher Länder
als Feinde, die sie bekämpfen müssen. Das ist Krieg und war immer so im
Krieg. Wo Unmenschlichkeit, Kälte und Härte regieren, scheint alles
erlaubt zu sein. Das Leben des vermeintlichen Gegners gilt nichts und
jeder fühlt sich im Recht.
Ich hoffe, dass viele Politiker auf der ganzen Welt, vor allem aber
Verantwortliche und Regierende in Amerika, jetzt klug handeln. Die
Reaktionen vieler Menschen sind zum Teil geprägt von dem Gedanken:
„Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Dabei müsste doch jeder langsam kapiert haben, dass es im Krieg keine Sieger gibt,
sondern nur Leid auf allen Seiten. Ich hoffe vor allem für
Amerika, dass man aus dem Vietnam- und aus dem Golfkrieg gelernt hat und
jetzt umsichtig handelt. Mit "Zur Strecke bringen", "Ausräuchern" und "Gegenschlag" werden die Probleme
nicht gelöst, sondern verschärft, zu unser aller Lasten. Es ist wünschenswert, dass Amerika statt eines
„Vergeltungsschlages“ seine zivilisierten Freunde in aller Welt um Rat
fragt und sich um ein gemeinsames, koordiniertes und effektives Vorgehen
gegen die Gefahren, die uns alle bedrohen, bemüht.
In den 70-er Jahren sah man auf vielen Autos einen Aufkleber mit der
Aufschrift: „Stell dir vor, es gibt Krieg und keiner geht hin.“ Wenn
wir diese sinnlosen und grausamen Attentate von sogenannten „Gotteskämpfern“
als Angriff auf unsere gesamte zivilisierte und freie Welt ansehen, müssen
wir uns jetzt auch zivilisiert verhalten. In vielen Orten in Deutschland wurden
in den vergangenen Tagen pauschal und unbedacht Menschen angegriffen, die
der islamischen Religion zugehören. Dieses Verhalten ist
das Ergebnis billiger Hetze und gehört auch in die Kategorie
Menschenverachtung, ist auch Krieg. Und jeder, der meint, sich so
verhalten zu müssen und das in Ordnung findet, sollte mal in den Spiegel
gucken. Vielleicht entdeckt er auch in seinem Gesicht kalte und starre Züge.
Das heißt nicht, dass wir extremistische Fanatiker unter dem Deckmantel
eines "heiligen Krieges" in unserem Land in Ruhe
Gewaltakte gegen uns vorbereiten lassen sollen. Sie nutzen unsere
Toleranz und unser demokratisches Verständnis von Zusammenleben
schamlos aus, um uns zu schaden. Das muss beendet und in Zukunft
unterbunden werden. Da müssen wir alle genauer hinsehen und hinhören,
hinter die glatten Fassaden sehen.
Die Kriegserklärung dieser verblendeten Menschen an die zivilisierte Welt hat viele Facetten. Nach
den zahlreichen Berichten, Bildern und Diskussionen der vergangenen Tage sind mir
Gegebenheiten in der Welt bewusst geworden, die ich bisher in der Ausprägung
nicht wahrgenommen hatte oder die mir jetzt erst wieder bewusst wurden. Da
beschäftigt mich die Situation vieler Menschen in Afghanistan, die schon
seit Jahrzehnten unter sinnlosen Kriegen leiden. Soll das gebeutelte
afghanische Volk jetzt wieder
und noch mehr unschuldig leiden? Ich sehe Menschen in Palästina und in Israel, die es nicht fertig
bringen, zivilisiert miteinander Spielregeln für ein friedliches
Nebeneinander zu erarbeiten und sich stattdessen gegenseitig umbringen.
Ihnen muss geholfen werden, vernünftige Gespräche miteinander zu
führen.
Ich sehe uns gedankenlos und rücksichtslos Bungee Springen, Body builden, jeden Luxus normal finden, mit den Ressourcen
und dem Geld nur so rumschmeißen, Drogen konsumieren, Vergnügen pur für uns beanspruchen.
Ob sich das durch die Geschehnisse der vergangenen Tage ändern wird,
hängt auch davon ab, wie die Verantwortlichen, vor allem in Amerika,
jetzt reagieren.
(Renate Hupfeld)
©Renate Hupfeld
Elfter
September
Zur Erinnerung:
Golfkrieg 1991
Abgründe
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