Nimmerland
Wie linkisch der Bengel ihn aus den Augenwinkeln ansah. Kalt wie seine Mutter. In allen seinen Bewegungen war sie. Leon war ihr Verbündeter. Wie er Roberts Bierflasche fixierte. Ja, das war sie. Ihr abschätzender Blick. Womöglich führte der Mistkerl Buch über seinen Alkoholkonsum und berichtete ihr dann. Nicht zu glauben. Hatte er den zerknautschten Winzling nicht gleich nach der Geburt gewickelt und ihm das kleine Jäckchen angezogen? Vor neun Jahren? Den Namen ausgesucht? Leon, der kleine Löwe? Jahrelang herumgeschleppt, ihm das Laufen beigebracht, ihn an die Hand genommen und ihm alles erklärt? Und jetzt? Aus Löwenkämpfchen war bitterer Ernst geworden und das tat verdammt weh. Robert
drehte die Flasche in der Hand, zerrte an dem Etikett und begann kleine
Fitzel abzureißen. Jedes Mal das Theater, wenn er die Kinder sehen wollte.
Wie ein Bittsteller kam er sich vor. Nervige Diskussionen am Telefon.
Schnupfen, Husten, Fieber, Kino. Einladung, Freund, Freundin. Jede Ausrede
ein neuer Papierfitzel auf dem Tisch. Sie brauchte ihn doch nur als
Unterhaltszahler. Wozu arbeitete er eigentlich noch? Damit sie sich ein
schönes Leben machen konnte. Dieses verdammte Luder hatte nichts anderes im
Kopf, als ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen und ihm die Kinder zu
entfremden. Am Ende würden sie ihn gar nicht mehr sehen wollen. War es denn
nicht schon so? Sinnlos war alles geworden. Er trank die Flasche leer und
holte eine neue aus dem Kühlschrank.
Der gesamte Text ist zu lesen in der Literaturzeitschrift
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©Renate Hupfeld
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23. Februar 2008
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