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Leas Schatten (Leseprobe)
Es war unglaublich voll geworden im Regionalexpress. Ich drückte die Ohrhörer fester hinein und drehte die Musik auf, um das laute Stimmengewirr zu dämpfen. So konnte ich noch ein paar Minuten lesen, bis der vertraute Bahnsteig mich erlösen würde. Als ich die Treppe hinunterging, sah ich sie. Sie stand vor dem gläsernen Aufzug und wartete auf ihre Chance. „Haste mal nen Euro für mich?“ Als würde ich diese Leute anziehen wie das Licht die Motten. Unter den Hunderten von Menschen hier im Bahnhof musste sie ausgerechnet mir ihr zerknittertes Gesicht zuwenden. Warum immer ich? Meine Finger nestelten am Reißverschluss meiner Umhängetasche, wollten die Börse öffnen und ihr ein paar Münzen zustecken. Doch in dem Moment wurde mir der Blick, mit dem sie mich ansah, unerträglich. Die Demonstration von Hilflosigkeit gepaart mit dieser vermeintlichen Sicherheit, Du hilfst mir schon, klar hilfst Du mir! Nein! Wozu? Dass sie weiter ihre Drogen kaufen konnte? Dass das winzige Lächeln in ihren kleinen Pupillen noch eher erfrieren würde? Konnte ich das verantworten? Nein! Also ließ ich sie stehen und eilte zum Ausgang, zu meiner Verabredung mit Andrea im Café Extrablatt. Ich ging durch die Fußgängerzone und kam mir verdammt mies vor. Dieser Scheiß Song von Falco ging mir die ganze Zeit durch die Birne: Out of the dark Hörst Du die Stimme, die Dir sagt: Into the light. Am liebsten hätte ich geheult … ach, ich heulte ja schon…
Das Café Extrablatt war wie immer um diese Abendzeit gut besucht, an den Tischen wurde geredet und gelacht, fast alle waren besetzt. Als ich die Tür öffnete ...
(Die kursiv formatierten Textstellen sind Zitate aus dem Songtext „Out of the Dark“ von Falco.)
Die vollständige Geschichte wurde veröffentlicht in: Kurzgeschichten Ausgabe 7/2005
©Renate Hupfeld Ich freue mich über Kommentare
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