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Klapse
 

Sie wirft sich auf das Bett, ihr ist immer noch übel. Es dreht sich in ihrem Kopf. Härter anpacken. Warum hat sie ihm nicht ihre Meinung ins Gesicht geschleudert? Dass er seinen Arsch nicht hoch kriegt und ein jämmerlicher Versager ist und dass ihr das alles stinkt? Dass sie es satt hat mit ihm? Warum hat sie ihm nicht seinen beschissenen Liebesbrief vor die Füße geworfen und ihm all ihre Gedanken über seine verkrachte Existenz um die Ohren geknallt? Warum ist sie sitzen geblieben, als der Kerl seinen Ausraster hatte? Warum lässt sie sich im Treppenhaus von einem grinsenden Nichtsnutz blöd anquatschen? Warum lässt sie sich all diese Unverschämtheiten gefallen? All diese Ungehörigkeiten? Carinchen. Du liebst mich doch. Du hast den geilsten Arsch. Wie weit ist es eigentlich mit ihr gekommen? Die Muster auf dem weißen Vorhang wirbeln im Kreis, tausend schwarze Löcher.

Ich wate im Sumpfloch und komm nicht raus aus dem Schlamm, denkt sie. Wo kann ich mir einen Rat holen? Da gibt es doch so eine Nummer, bei der man anonym anrufen kann. Und wie kriege ich die? Wie heißt das noch ...? Ich versuche es Mal mit Googeln ...

Sie beginnt zu wählen. Null Achthundert Eins Eins Eins Null Eins Eins Eins ... Nein, schreit sie in den Hörer, das hilft mir auch nicht weiter. Schluss damit, Schluss mit diesem Scheißspiel. Ich brauche keinen Seelsorger, ich brauche eine Entscheidung. Ich muss raus aus der Klapse, sofort, sonst komme ich gar nicht mehr heraus.

Carina setzt sich an den Schreibtisch und schreibt ihre Kündigung.

 

©Renate Hupfeld

 

 

 

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