|  | Kraterabgründe, 
Felsgiganten und Strände, der kleine Bahnhof am Grenzübergang, das Towerhotel am 
East River und ein ganz anderes Restaurant, Schauplätze für nicht alltägliche 
Begegnungen, überraschend, bereichernd, klärend, dramatisch, mysteriös. Sieben 
Short Storys, deren Protagonisten mit besonderen Herausforderungen konfrontiert 
sind, Auswege aus Sackgassen finden oder auch nicht. 
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    |  | Kaum 
	jemand verirrte sich hierher zwischen die schwarzen Gesteinsbrocken; 
	Überreste eines Vulkanausbruchs, die den Strand zu einem unwirtlichen Ort 
	machten. Irgendwo da oben war der Lavastrom vor Jahrzehnten 
	herausgeschleudert worden und hinunter geflossen bis ins Meer. Hier war sie 
	allein mit dem Felsriesen, der dunkel gezackt in den Himmel ragte und die 
	Bucht zum Süden hin abgrenzte, angelockt von der Verheißung einer 
	unendlichen Weite hinter dem Horizont. Es fiel ihr jedoch schwer, den Blick 
	abzuwenden vom beharrlichen Spiel der Brandung, deren Gischt immer neue 
	Muster in den schwarzen Sand zeichnete. Der Morgen war noch jung, und ihr 
	war einen Moment lang, als wäre der Dämon der vergangenen Nacht gefangen im 
	Wirbel der Wellen, die in unermüdlichem Gurgeln, Sprudeln und Klatschen die 
	großen und kleinen Steine umspülten. Noch einmal war sie davongekommen, als 
	hätte die Sonne sich ihrer erbarmt, sie erlöst vom Platz am Rande des 
	Kraterabgrundes. Doch Erlösung gab es nicht. Die frischgrünen Reben im Sonnenwald waren 
	erschlafft, der einst so würzige dunkelrote Wein fade und blass geworden. 
	Nichts konnte sie trösten, nichts sie mehr erfreuen. Unerträglich der 
	Gedanke an die Zähigkeit des bevorstehenden Tages, an eine weitere Nacht der 
	Abgründe. Wozu noch kämpfen? Sie war verloren.
 Und doch war da noch immer die Frage. Warum?
 Wie konnte es so weit kommen? Wo war ihr Mut geblieben?
 Suche nicht nach Erklärungen, flüsterte der Wind. Lass dir nichts 
	vorgaukeln. Er zieht dich heran, um dich wegzustoßen. Immer wieder macht er 
	das. Du hast ihm vertraut, wurdest weggestoßen, hast ihm wieder vertraut, 
	wurdest wieder weggestoßen, immer wieder mit sanfter Stimme umschmeichelt, 
	immer wieder vertraut, immer wieder verletzt. Dein Vertrauen hat er mit 
	großer Geste weggeschleudert, deine Liebe sinnlos verschwendet. Alles hast 
	du ihm gegeben, bis auf den letzten Tropfen, zuerst mit Leidenschaft, später 
	dann, weil du an ihm festklebtest. Verknotete Gefühle entwirren? Vergiss es. 
	Du hast nichts zu verlieren.
 Ihr blieb keine Wahl. Komm, schwarzer Dämon. Leg die Maske ab. Du bist hell 
	und süß. Zeige mir den Weg. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Eine 
	unglaubliche Stille umgab sie. Selbst die Brandung hatte ihr Rauschen 
	eingestellt. Einen Moment lang die friedliche Ruhe genießen, dann losgehen, 
	einen Schritt, einen weiteren und noch einen, bis der Boden weich wurde und 
	nachgab. Dunstschwaden strichen über ihr Haar und zogen an ihr vorbei. Mit 
	leichten Schritten ging sie zwischen Schlingpflanzen, die ihr den Weg frei 
	machten, sobald sie sich näherte. Plötzlich wurde der Nebel so dicht, dass 
	sie nichts mehr sah. Sie blieb stehen. Verschwunden das Grün, selbst ihre 
	Hände und Füße waren nicht mehr zu sehen. Wo war oben und unten? Und was war 
	das? Hatte jemand sie berührt? Sie horchte.
 
 
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