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Trollbusters

Renate Hupfeld

„Zwanzig Jahre Psychiatrie. Da bist du versaut, sag ich dir.“
„Versaut?“
„Ja, für jede normale Kommunikation.“
„Wie meinse dat denn jetz?“
„Ganz einfach. Nichts ist mehr normal. Überall siehst du Gespenster.“
„Das passiert schon mal. Doch muss ich dat verstehen?
„Ich bin da doch in einer Gruppe.“
„Ach, deswegen bisse nicht mehr so oft hier inne Kneipe.“
„Nein, nein, das hat einen anderen Grund.“
„Welchen denn?“
„Ich hatte oft Nachtdienst in der letzten Zeit.“
„Ach so, verstehe. Ja, ja, die Klapse wird auch immer voller. Kuckse dir doch an überall. Unsereiner is am malochen und die lungern inne Sitti rum. Dat hälse doch im Kopp nich aus.“
„Und es wird immer enger mit Personal, du kennst das ja auch.“
„Sach ich doch, bei uns isset nich anders. Immer mehr Grünanlagen, aber nich mehr Leute. Immer dat Gleiche. Wo das noch hinführn soll.“
„Es ist einfach kein Geld mehr da. Überall wird gespart. Doch was soll das Klagen? Wir ändern das nicht. Jedenfalls nicht mit Gejammer.“
„Has recht. Dat nützt sowieso nix. Welche Gruppe meinze denn?“
„Gruppe? Ach so! Hab ich dir doch mal davon erzählt, die im Internet.“
„Mit diese Hobbyschreiber?“
„So nenn ich die zwar nicht, aber genau die meine ich.“
„Da bisse doch schon ganz lange.“
„Einige Jahre.“
„Und wat is da so Versautes jetz?“
„Die Kommunikation, völlig aus dem Ruder.“
„Aha.“
„Aber das verstehst du sowieso nicht. Musst du auch nicht.“
„Meinze, nur weil ich nich son studierter Heini bin wie du?“
„Ach komm, lass stecken.“
“Okay. Jetz musse mir nur noch erzählen, wat versaut is, dann bin ich schon ruhich.“
„Eigentlich ist nur einer versaut.“
„Wer?“
„Der Troll.“
„Troll?“
„Kennst du nicht, was?“
„Doch, der steht bei uns im Badezimmer, splitternackt mit lange blaue Stehhaare und grinst mich immer an, wenn ich untere Dusche stehe.“
„Scherzkeks.“
„Kein Scherzkeks. Als der Kleine noch klein war, hat er ihn immer mit inne Badewanne genommen, gewaschen, gekämmt und gestreichelt. Jetz steht er immer noch auf’m Wannenrand, Perlenkette in blaugelb ummen Hals.“
„Der Troll, den ich meine, ist ein notorischer Störenfried.“
„Ah, so is dat.“
„Er zieht alles in den Dreck und hat nur eins im Sinn.“
„Wat?“
„Unfrieden stiften. Man ärgert sich, will ihn wegkicken, kriegt ihn aber nicht zu fassen.“
„Und wieso nich?“
„Weil er unsichtbar ist, Mann.“
„Und was rechste dich dann auf?“
„Ach, es hat keinen Zweck. Warum hab ich mit diesem Scheißthema überhaupt angefangen?“
„Weil de dich geärgert has.“
„Und ich ärgere mich immer noch. Such mal einen unsichtbaren Querschläger.“
„Da fällt mir auch nix zu ein.“
„Sag ich doch.“
„Weisse wat?“
„Was denn?“
„Bleib da wech und komm wieder öfter hier annen Tresen. Da fällt uns dann schon wat ein.“

 


 

 
 

Bild und Text:  ©Renate Hupfeld

 

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