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Frankfurter Buchmesse 2005

19. und 20. Oktober
 

Da hinten klatscht auch jemand

 

  Menschen, Bücher, Zeitungen, Verlage, Autoren, Kunst, Musik, Sport, Politik, Mittelalter, Legenden, Bestseller. Diese Aufzählung von Eindrücken könnte ich endlos fortsetzen, genauso, wie ich nach zwei Tagen trotz müder Beine kein Ende bekam und am liebsten noch dageblieben wäre, in den Hallen, Ständen und Foren der Buchmesse.
 
 
  Als ich am Mittwoch gegen Mittag den Frankfurter Hauptbahnhof am Nordausgang verlassen und den Zebrastreifen überquert hatte, musste ich nur noch dahin gehen, wohin fast alle gingen, die hier unterwegs waren. Nach zehn Minuten stand ich vor dem riesigen Messeplakat und hatte den Eingang City erreicht.  
     
  Weiter ging es mit dem Strom derer, die sich auf diesem Gelände schon auskannten. Meine Ziele waren die Hallen drei und vier, die ich über lange Gänge, Laufbänder und Rolltreppen erreichte, nachdem ich im Vorbeigehen schon mal einen Blick auf den Innenhof geworfen hatte, mit riesigen schwarzroten Brockhaus Skulpturen, Lesezelt und einer Reihe von weißen Zelten, in denen das Gastland Korea Eindrücke von seinem Land vermittelte, wie ich später erfuhr.  
     
  Obwohl ich mir die Hallen- und Standnummern einiger Anlaufstellen aufgeschrieben hatte, war ich erst einmal irritiert und fast überwältigt von der unglaublichen Vielfältigkeit der Präsentationen. Bücherwände bis zur Decke, blaue und rote Interviewsofas. Kameras wurden herumgefahren, wunderbare Skulpturen und andere Kunstobjekte waren zu sehen,  Buchkunst, Schriftkunst und Buchdruckkunst. Da fehlte weder die Druckmaschine noch der Herd in der Ecke der Kochbuchaussteller, aus der sich verführerische Essensdüfte verbreiteten, Und das alles im Geschiebe und Gedränge, die eine Anzahl von 44.074 Besucher am Mittwoch und 58.293 am Donnerstag, wie ich später den Newslettern entnahm, verursachte. Ich schob mich vorbei an Bildern von Klaus Kinski, Peter Handke und Charles Bukowski, machte ein Foto von Spiderman, der hoch oben auf Metallgerüsten thronte und ich stand unter der Skulptur von zwei in Büchern versunkenen Frauen. In der Comic- und Kinderbuchwelt begegnete ich dem Hasen Felix, Barbie, Asterix und Karl May.  
     
  Auf riesigen Displays wurden Termine angekündigt, von denen man eigentlich keinen versäumen durfte. Das Stichwort "Autoren am Stand" ging mir die ganze Zeit durch den Kopf. Wo sollte ich anfangen? Wie sollte ich auswählen? Was interessierte mich eigentlich noch wirklich? Eine zeitweilige Erlösung gab es im Forum von 3sat. Dort wurden im Halbstundenrhythmus mit Autoren Gespräche über deren Neuerscheinungen geführt. Ich ergatterte eine halbe Sitzkiste, meine Füße dankten es mir. Ach, war das schön! Sitzen und einfach nur zuhören.  Ich war live dabei, wie Jochen Jung und Michael Krüger  zu ihren Büchern befragt wurden. Den nächsten Autor ließ ich mir auf keinen Fall entgehen.  Ingo Schulze redete über seine Schriftstellerkarriere nach der Wende und seinen gerade erschienenen Roman "Neue Leben".  
     
  Nach den Erfahrungen an meinem ersten Messetag hatte ich mir für den Donnerstag einen Terminkalender angelegt. Jedoch schreibe ich hier erst gar nicht auf, was ich mir alles vorgenommen hatte, denn es kam doch ganz anders.  Pausenlos wurde ich zum Anschauen und Anhören animiert und immer wieder waren Autoren am Stand und Diskussionen in Foren angesagt, sodass ich auf dem Weg zu meinen Terminen von wahnsinnig interessanten Events aufgehalten wurde, das heißt, die anvisierten Veranstaltungen gar nicht erst erreichte. Die zufällig aufgeschnappte Bemerkung einer jungen Frau gegenüber ihrem Begleiter wurde mein Motto: "Da hinten klatscht auch jemand." In diesen Hallen gab es nichts Uninteressantes. Alles war wichtig und hochaktuell. So  ließ ich mich einfach weitertreiben und sah und hörte mehr zufällig den koreanischen Autoren Kwang-Kyu Kim, der mir zusammen mit seiner Frau die Situation eines Lyrikers in diesem geteilten Land nahe brachte. Beide hatten in Deutschland studiert und lehren in Seoul Germanistik. Dann weilte ich in einem Forum, wo gerade Oliver Bierhoff im Zusammenhang mit der Publikation "Flach spielen hoch gewinnen" zu seiner Fußballlaufbahn und Fußball in Deutschland allgemein befragt wurde. Ich erlebte Arnold Stadler mit seinem "Stifter", Felicitas von Lovenberg, die zugab, dass sie das Motto ihres Buches "Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie" doch nicht so ganz ernst gemeint hatte und bekam von Tilman Allert eine Passage aus seinem Buch "Der deutsche Gruß" vorgelesen. Ein junger Mann las aus einer ganz neuen Bibelübersetzung, in der mit der Sprache der heutigen Jugendlichen versucht wird, diese zu erreichen.  
     
  Zum Schluss erinnerte ich mich doch noch an mein Tagesprogramm und nahm den Termin im Lesezelt wahr. Klaus Bednarz berichtete von seiner neuesten Expedition und las aus seinem Buch "Feuerland und Patagonien". Eine Lesung von Wolf Biermann stand noch auf dem Programm, der war aber leider aus Krankheitsgründen verhindert.  
     
  Hier ist eine kleine Auswahl meiner Fotos:  

 

       
             
       
             
       
             
       
             
       
             
       
             

Text und Fotos:

©Renate Hupfeld

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